100 Jahre Ehrenmal auf dem Bieberer Friedhof

Bürgermeisterin Patricia Ortmann und Ortsvorsteherin Angelika Götz

Für den 3. September 2022 hatte der Heimatverein Rodheim-Bieber zu einer Gedenkfeier geladen, bei der der Vorsitzende und Initiator Helmut Failing krankheitsbedingt dann nicht teilnehmen konnte. Für ihn verlas die Ortsvorsteherin die Historie des Ehrenmals, das genau vor 100 Jahren eingeweiht wurde.

Nie wieder Krieg„, so hieß es nach dem menschengemachten Desaster zweier Weltkriege.
Leider haben sich die Machthaber überall in der Welt nicht an diese Maxime gehalten … es ging immer so weiter,
ob in Palästina, Korea, Vietnam, Afghanistan, Jugoslawien, Syrien, Ukraine … um nur einige davon zu nennen.

Gefühlt haben wir mit dem Angriff auf die Ukraine zum wiederholten Male auch wieder Krieg auf Europäischem Boden. Auch wenn wir nicht direkt von dem mörderischen Terror betroffen sind, so spüren wir auch bei uns die Auswirkungen auf unsere Komfortzonen, die wir nun verlassen müssen; die einige sogar existentiell in ihrer Lebensweise treffen.
Die Preise steigen, die Phase von „Geiz ist Geil“ ist zu Ende. Nun liegt die Rechnung für unsere Ausbeutung fremder Länder während und nach der Kolonialzeit sowie die Ausbeutung der Natur auf dem Tisch. Unsere Regierung macht zwar immer noch auf Kosten unserer Kinder und Enkel Schulden, aber irgendwann wird der Preis zu zahlen sein.
Das hat nun bereits begonnen. Nun wird es darauf ankommen, ob wir in der Lage sind die offensichtlichen Konflikte zumindest in unserem Lande friedlich zu lösen oder ob wieder viele Menschen bereit sind, Demagogen zu folgen.

Bürgermeisterin Patricia Ortmann erinnerte daran, dass dieses Ehrenmal von Bürgern für Bürger gestiftet worden ist. Denn Frieden und Sicherheit sind zerbrechlich, wie wir aktuell wieder erleben. Alle gefallenen Soldaten hatten eine Familie, Eltern, Frauen, Kinder. Wer auch immer behauptet einen Krieg gewonnen zu haben, es bleibt für die Betroffenen letztlich einerlei: sie sind sowieso Verlierer. Daher mahnt dieser Gedenksteine über den Frieden nachzudenken und über den Preis, den wir bereit sind, für unsere Freiheit zu zahlen.

In dieser Weise mahnt Denkmal auf dem Friedhof in Bieber, wie auch an vielen anderen Orten, aller Opfer des Krieges zu gedenken. Im Weltkrieg 1914-1918 sind auch aus unserer Region Menschen gestorben, verletzt und versehrt worden.
Daher gingen damals vier Männer von Haus zu Haus und sammelten – bei 650 Einwohnern – über 8000 Mark für ein Ehrenmal ein. Firmen spendeten weitere 2.000 Mark. Letztlich kostete das Projekt, nach einem Entwurf von Karl Leicht aus Rodheim, damals 35.010 Mark.
Das Denkmal wurde mit Findlingen aus dem Eberstein errichtet – zunächst 3 m hoch, 2,5 m breit, wobei in die Vorderfront Gedenktafeln aus Hinterländer Grünstein (Diabas) einsetzte.
Die Maurerarbeiten erledigten Heinrich Hörr und  Georg Wagner. Das Eingravieren der Namen besorgte Friedrich Wilhelm Platt aus Rodheim. Am 3. Sept. 1922 wurde dieses Denkmal dann eingeweiht.

Mit der Idee zum Denkmal wurde in Bieber auch der alte Wunsch nach einem eigenen Friedhof wieder belebt.
Denn Bieber, der urkundlich älteste Ort Biebertals, der nie Gemeinde sein durfte, war damals dreigeteilt: Die Bewohner links des Bieberbachs gehörten zu Fellingshausen, rechts zu Rodheim und die zwischen Bach und Kalkäcker-Gräbchen zu Königsberg. 1933 wurde auch die Dreiteilung aufgehoben – und Bieber kam zu Rodheim.

1953 wurde das Ehrenmal dann auf Antrag von Robert Dönges rechts und links um die Namen der Gefallenen aus dem 2. Weltkrieg 1939-1945 erweitert. Gustav Thomé schuf die Namenstafeln.
Bei der Einweihung der Erweiterung mahnten die Pfarrer Trautwein und Dechant Hollnsteiner, die Toten nicht zu vergessen und sich stets für den Frieden einzusetzen.

Als das Bauwerk 2005 saniert werden sollte, zeigte sich die Bedeutung des Mahnmals wiederum an der Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Ebenso erklärten sich spontan über 20 Bieberer für den »Ehrendienst« für ihre gefallenen und vermissten Väter als Helfer bereit.

2022 kamen 30 Besucher/innen zur Gedenkfeier. Die Grüße des Kirchenvorstandes der Evangelische Emmausgemeinde Bieber übermittelten Pfarrerin Johanna Fröhlich und Kirchenvorstand Klaus Waldschmidt, die auch an die Opfer beim Bombenangriff im Ort kurz vor Kriegsende erinnerten.

Foto: Klaus Waldschmidt
Quellen: Gießener Allgemeine 30.08..2022 und o4.09.2022